Ein Wunder an sechs Saiten
[28.11.16] - MÖCKMÜHL. Der Erotikfaktor seiner rauchigen Stimme rangiert ganz oben, vergleichbar mit Chansoniers wie Aznavour, Brel oder Montand. Seine Affinität zur Gitarre ist so zwingend wie die bekannter US-Stars der Liga Hendrix bis Zappa. Ganz zu schweigen von der atemraubenden Kreativität die Martin C. Herberg (1953) auch nach 41 Jahren und u¨ber 4000 Konzerten an den Tag legt. Warum wird dieser Ausnahmemusiker und Soundtu¨ftler klein gehalten? Warum ist er nur in Nischen wie dem Kellertheater Knurps zu erleben? Und das nun zum letzten Mal auf seiner Abschiedstour „Total Guitar“?! KLANGLANDSCHAFTEN Umringt von mehreren Gitarren – eine davon kann sogar Keyboard –, Sampler, Mischpult, Mundharmonika und Gaumenplättchen, entfaltet er imposante Klanglandschaften. „Wasser“, eine akustische Fluss-Beschreibung vom sanften Plätschern der Quelle bis zur mitreißenden Gischt, u¨berlagert von Möwen-Kreischen(hier kommt das Pfeifplättchen zum Einsatz), ist in seiner quasi sinfonischen Vielfalt ebenso faszinierend wie andere Eigenkomposition. Etwa seine musikalische Reise um das Mittelmeer, „Mare Mediterraneo“, mit Anklängen an Flamenco, Klezmer und arabische Musik. DRITTE HAND Wo andere hinter dem Original hercovern, entwickelt Herberg dank seiner dritten Hand – wie er die Metallstange nennt, die er einsetzt, um gleichzeitig unspielbar weit auseinanderliegende Bu¨nde zu greifen – eine unfassbare Virtuosität. Ob Khatchaturians „Säbeltanz“ oder „Paint it Black“ der Rolling Stones, Herbergs legendäre Varianten sind keine Interpretationen, sondern im besten Sinne Neu-Kompositionen. Er baut dramatische Spannungsbögen auf, deren stilistische Fu¨lle sich bis zu perkussiver Ekstase steigern. Doch er kann auch lyrisch. So entfernt sich seine grazile „Lady Madonna“ von den Beatles und tanzt nach seiner Pfeife leichtfu¨ßig u¨ber die Saiten. Einem Drahtseilakt gleich – wie die Karriere dieses sensationell guten Musikers. Ein Skandal, dass Musiker dieser Qualität nie im Radio zu hören sind.
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