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Mit allen Ölen der Saitenzunft gesalbt

Martin C. Herberg gastierte im Kuckucksei

[25.10.11] - NÜRTINGEN 25.10.2011 „Gitarre total“ lautete das programmatische Motto eines bemerkenswerten Konzertes, während dessen der Wuppertaler Ausnahmegitarrist und Klangkünstler Martin C. Herberg ein überschaubares, aber sachkundiges Publikum im Nürtinger Club Kuckucksei jüngst immer wieder zu spontanen Begeisterungsausbrüchen hinriss.

Im Info-Blatt des Veranstalters liest man: „M. C. H. bietet eine hörens- und sehenswerte Performance, die auch hochgesteckte Erwartungen erfüllt.“ So kann man das ruhig stehen lassen, könnte sagen, dem sei nichts hinzuzufügen. Damit würde man allerdings weder dem Veranstalter noch dem Künstler gerecht, denn der Glanz einer Perlenkette entsteht aus der Summe ihrer Bestandteile.

Eine Ausbildung an der klassischen Gitarre, frühe Erfahrungen in Blues- und Rockbands und Tourneen als Begleitmusiker des Flamenco-Gitarristen Manolo Lohnes prägen den Stil Martin C. Herbergs schon allein durch die Vielseitigkeit, die sich daraus wohl schon zwangsläufig einstellen musste. Das versetzt ihn in die Lage, innerhalb einer seiner vielen Eigenkompositionen und Bearbeitungen in Sekundenbruchteilen vom Fingerpicking in den Rasgueado-Modus umzuschalten und zurück.

Mit einem zart wispernden Elfentanz beginnt ein Reigen durch die Welt der Gitarrenmusik, der nach zwei Stunden in eine Soundcollage mündet, die mit einer Synthesizergitarre entlockten Orgelkaskaden Eindrücke der skandinavischen Polarnacht wiedergeben sollte. Dazwischen lag ein ganzer Kosmos von Klängen, die Herberg aus den Resonanzkörpern zweier Akustikgitarren, eben jener Synthie-Klampfe, deren Elektronik hinter einer geradezu berückend schönen Holzarbeit versteckt ist, und einem nachtschränkchengroßen Kistchen, in dem all die aus den Saiten gewonnenen Impulse in elektrische Energieströmchen auf digitalem eg in Sounds umgewandelt werden, herausholte.

Apropos Sounds: Nicht vergessen werden darf, dass er da auch einen ganz eigenen hat. Martin C. Herberg singt in englischer Sprache, aber nur wenn es sein muss. Denn wirklich spannend sind die Stücke, die sich ganz auf den Klang seiner Instrumente (und dazu zählt der Synthesizer nun mal) konzentrieren, wie das klangliche Nachempfinden eines Flusslaufes von der Quelle bis zum Erguss der zum Strom angeschwollenen Wassermassen ins aufnehmende Meer.

Mit seinem Programm „Total Guitar“ hat Herberg in 35 Jahren über 3000 Auftritte in Europa und Nordamerika absolviert und acht Studio- und zwei Live-CDs auf seinem eigenen Label „Lonesome Loser Records“ herausgegeben. Mindestens genauso lange, verriet er, spiele er bereits den alten Stones-Hit „Paint it Black“. Bei seiner auch am Samstag dargebotenen Version könnte man allerdings in gut klassischer Manier von einer Sammlung „Variationen über ein Thema von Jagger/Richards“ sprechen.

Auch hier bestach wieder die Zusammensetzung aus der virtuosen Beherrschung seines Equipments, einer bemerkenswerten Musikalität und seiner stilistischen Ungebundenheit. Mit allen musikalischen Wassern gewaschen, mit allen Ölen der Saitenzunft gesalbt, tauchte hier wieder mal einer ein in das Höhlensystem der Stilrichtungen von E- und U-Musik, um jenen unterirdischen Dom zu erreichen, in dessen tiefes Bassin letztlich alle Rinnsale, Bäche und Ströme ihren Inhalt vereinigen. Wer sich dort bedienen kann, schöpft wahrlich aus dem Vollen. So werden Martin C. Herbergs Kompositionen und Bearbeitungen zu eigenständigen Klangereignissen ersten Ranges, die den Vergleich mit keiner Konkurrenz zu scheuen brauchen.

Heinz Böhler in Nürtinger Zeitung

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Tourdaten

Derzeit sind keine Auftritte geplant

Lonesome Loser Records • Scheibenstraße 9 • 42115 Wuppertal