Publikum lag ihm zu Füßen.
[01.03.05] - Magische, zauberische Stimmung herrschte am Faschingssamstag im Haunschen Hof. Träumerisch versunken schwelgten die Zuhörer im proppenvollen Kunstkeller andächtig in einzigartigen, unbeschreiblich schönen und intensiven Klangwelten; mit auf den Trip genommen und verführt von einem Saitenzauberer par excellence: Martin C. Herberg.
Inmitten von Gitarren sitzt er ruhig und gelassen auf der Bühne. Zart, behutsam singt er ein Liebeslied. Die Stimme erinnert an Leonard Cohen: tief, melancholisch und rauhgeschmirgelt, aber auch sanft, sehr anziehend und vieles versprechend.
"Ireland revisited" ist Musik zum Augenschließen. M.C.H. wird zum keltischen Schamanen, der mit dem Publikum zu den Ursprüngen der meerumtosten Insel fliegt, über lieblichgrüne Hügel und schroffe Felsen. Ein ausgelassener, temperamentvoller Tanz mit typischen Melodieelementen holt alle wieder sicher ins Gewölbe zurück.
Es geht folkloristisch weiter, wenn auch aus einer ganz anderen Richtung. Beim russischen "Säbeltanz" schrubbt der Musiker rasend schnell die Saiten, trommelt wild auf der Gitarre und zupft doch gleichzeitig die bekannten Klänge. Aus dem "Säbeltanz" wird ein urgewaltiger Saitentanz. Alles, was der Musiker mit den auffällig roten Converse-Turnschuhen an diesem Abend spielt, ist hervorragend. Doch manche Stücke brennen sich besonders tief ins Gedächtnis ein- zum Beispiel "Water". Munter sprudelt ein Flüßchen quellklar vor sich hin, glitzert im Sonnenlicht, reflektiert den romantischen Mond. Allmählich wächst es, wird zum breiten Fluß, zum Strom, der die Schiffe trägt. Das Wasser drängt stetig voran, sehnt sich nach dem Meer. Und mit ihm sehnt sich auch der Zuhörer dorthin, wird Teil des von Herberg so genial und einzigartig heraufbeschworenen Wasserlebens. Freudig, aufgeregt gleitet man mit den Wellen - da schreien die Möwen zur Begrüßung und endlich, wie ein warmer Herzschlag immer wiederkehrend, umarmt das horizontlose Meer den Fluß und auch den Zuhörer.
Mit geheimnisvollen elektronischen Geräuschen und sphärischen Klängen baut Herberg eine gänsehauterzeugende, magenzusammenkrumpelnde Stimmung auf. Man wird ins eigene Selbst versenkt, muß sich seinen Gefühlen stellen.
Jede Menge Ideen und Ausdrucksmöglichkeiten verarbeitet der mittlerweile 30jähriges Bühnenjubiläum feiernde Kultgitarrist in seinen Stücken. "Leaving Los Angeles" klirrt vor Kälte, Isoliertheit und Großstadteinsamkeit. Dann wieder verwandelt sich ein scheinbar simpler Blues mit Mundharmonika in einen rasanten Boogie. Nur kleine Hilfsmittel sind nötig, um die Gitarre wie ein Banjo oder ein Ragtime-Klavier klingen zu lassen.
Absolutes Highlight des Abends dürfte für die meisten "Paint it black" gewesen sein. Herbergs Cover rockt teuflisch, ist eigenwillig und ideenreich, findet aber immer wieder in die markanten Stones-Tonfolgen zurück. Fortgerissenes, explosives, schreiendes, wahnsinniges Gitarrenspiel zelebriert Martin C. Herberg, der Gitarrengott. Sein Publikum liegt ihm schon längst zu Füßen.
Sanfter, doch leise verstörender New-Age-Sound mit silbrigen Klängen begleitet den Ver- such, das Polarlicht musikalisch zu beschreiben. "A home is where your love is- but your love is gone" singt der "lonesome Loser" voller herzblutender Traurigkeit. Beim gefährlich schön schillernden, doch unerbittlichen Nordlicht wird er Geborgenheit und Wärme nicht finden. Assoziierte Ströme des glühenden Leidens am Leben fließen mit Orgelklängen in den Abgrund. Schwarz. Fatalistisch. Tief taucht man in den Brunnen der Seele- und geläutert, sich an diffuse Hoffnung klammernd, wieder heraus.
Diese Musik macht still. Nur schwer findet man ins geschäftige, laute Jetzt zurück. Martin C. Herberg steht schon wieder an der Bar. Ruhig, gelassen, im Gespräch. Aber ein Gitarrengott.
Annett Wöhler (ann) in Südthüringische Zeitung
Derzeit sind keine Auftritte geplant